Alpen-Initiative schlägt Alarm
Die Seidenstrasse! Für viele von uns klingt das nach Exotik und Fernweh; im Tourismus wird der Begriff entsprechend werbewirksam eingesetzt. Reiseanbieter wecken damit in uns irgendwelche diffusen Sehnsüchte; man verherrlicht das Gestern und verschliesst das Auge vor dem Heute. Die sich anbahnenden Umwälzungen aber dürften dieser süssen Versuchung ein hartes Ende bereiten und stattdessen zu schmerzhaften Augenöffnern werden. Und diese Veränderungen gehen einher mit dem Ausbau eben dieser «Seidenstrasse».
Warum? Weil die Seidenstrasse des 21. Jahrhunderts uns mit nie dagewesenen Dimensionen konfrontiert und konfrontieren wird. Davon betroffen sein werden insbesondere unsere Alpen. Und warum die Alpen? Weil China massiv in den Ausbau der Häfen am Mittelmeer investiert; und die Ware, die dorthin mittels Mega-Schiffen aus Fernost nach Europa gelangt, die ist zu einem grossen Teil für die Märkte im Osten Frankreichs, in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz bestimmt; und der Transport dieser Ware wird hauptsächlich via Gotthard und Simplon erfolgen.
10’000 Lastwagen aufs Mal
Der Verein Alpen-Initiative, der sich in der Schweiz seit über 25 Jahren für eine Verlagerung des Transit-Schwerverkehrs von der Strasse auf die Schiene einsetzt, schlägt entsprechend Alarm und rechnet vor, dass ein aus China kommendes Containerschiff, das dereinst im Hafen von Savona anlegt (dieser wird zurzeit zum Tiefseehafen ausgebaut) mit bis zu 20’000 Containern beladen sein kann. Das heisst, so ein Mega-Schiff transportiert aufs Mal gleich viel wie 300 Züge oder 10’000 Lastwagen. Und diese Ware wird nicht am Hafen liegen bleiben; sie ist zu einem grossen Teil für Konsumenten nördlich der Alpen bestimmt.
Mit der am 12. Dezember erfolgten Eröffnung des Hafens Vado Gateway westlich von Genua ist ein weiterer Schritt in dieser Entwicklung realisiert worden. In diesem neuen Hafen können nun die grössten Containerschiffe der Welt anlegen. Und weitere Schritte in dieser Richtung stehen an; so etwa investiert China zudem massiv in den Ausbau der Häfen von La Spezia und Triest. Für die Exporteure aus Fernost sind die Häfen in Ligurien und der nördlichen Adria schneller zu erreichen als jene in Rotterdam, Antwerpen und Hamburg. Die wachsame und kritische Aufmerksamkeit von wachstumskritischen Alpenschützern bleibt also auch in Zukunft mehr als erforderlich.