Stellungnahme zur Stärkung der Schweizer Kreislaufwirtschaft
Mit weitreichenden Änderungen – hauptsächlich im Umweltschutzgesetz – will die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates Rahmenbedingungen für eine moderne, umweltschonende Kreislaufwirtschaft in der Schweiz schaffen, die Versorgungssicherheit stärken und die Leistungsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft erhöhen. Die Naturfreunde Schweiz haben im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens zur Vorlage Stellung genommen.
Im Rahmen der parlamentarischen Initiative «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken» hat die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates am 11. Oktober 2021 einen Vorentwurf zur Änderung des Umweltschutzgesetzes (USG) angenommen. Die Vorlage erweitert den Handlungsspielraum für den umweltbewussten Umgang mit Ressourcen und Produkten, der den Bedürfnissen der Konsumenten und Produzenten gleichermassen Rechnung trägt. Sie verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz und hat den gesamten Produktezyklus im Blick. Sie setzt nicht erst bei der Abfallverwertung an, sondern bei den vorgelagerten Prozessen wie Teilen, Wiederverwenden, Reparieren und Wiederaufbereiten.
Der Grundsatz der Ressourcenschonung soll Gesetzgeber und Behörden anleiten bei der Umsetzung von Massnahmen zum Schutz der Umwelt und natürlichen Ressourcen. Dabei zielt die Vorlage auf eine enge und starke Zusammenarbeit mit der Wirtschaft ab. So sollen die bewährten Branchenvereinbarungen und freiwilligen Massnahmen von Unternehmen gestärkt werden. Regulatorische Hürden oder administrative Hemmnisse sollen verringert werden. Die Abfallsammlung soll liberalisiert werden: künftig dürfen freiwillige Anbieter aus der Privatwirtschaft ohne Konzession Wertstoffe von privaten Haushalten sammeln.
Die Naturfreunde Schweiz begrüssen, dass die UREK-N Grundsätze der Kreislaufwirtschaft im USG explizit verankern will. Gleichzeitig stellen sie fest, dass es noch einige Anpassungen an der Vorlage braucht, damit die politisch breit gestützte Stärkung der Kreislaufwirtschaft tatsächlich realisiert werden kann.
Die Naturfreunde Schweiz bedauern insbesondere die sehr grosse Anzahl von Bestimmungen mit Kann-Charakter oder mit programmatischem Charakter sowie die grosse Anzahl von Bestimmungen, welche die Kompetenz an den Bundesrat delegieren – ohne klare Vorgaben. Das bisherige USG hat gezeigt, dass viele dieser Bestimmungen nie umgesetzt werden. Das muss im Vorentwurf zwingend korrigiert werden, damit das revidierte Gesetz der Kreislaufwirtschaft schnell den dringend notwendigen Schub verleiht.
Um die Kreislaufwirtschaft zu fördern, welche über die Abfall- und Recyclingwirtschaft hinausgeht, braucht es ein Umdenken. Der verstärkte Fokus auf die Vermeidung von Abfällen und somit der Schliessung der «inneren» Produktkreisläufe ist dabei einer der wichtigsten Ansatzpunkte. Schon das derzeit geltende USG verankert die Vermeidung als erstes Prinzip, das bei der Abfallbewirtschaftung anzuwenden ist – es wird jedoch kaum angewendet. Die vorgeschlagene Revision muss diesen Grundsatz weiter stärken und die Wiederverwendung, Reparatur, Aufbereitung und andere Formen der Wiederverwendung von Produkten, ihrer Bestandteile oder Verpackungen fördern, sofern ein ökologischer Vorteil nachgewiesen werden kann.
Die Naturfreunde Schweiz begrüssen die Aufnahme des Grundsatzes der Ressourcenschonung als programmatischer Ansatz in der Vorlage. An dieser Stelle, wie an anderen, vermissen sie aber die Absicht, rechtsverbindliche und überprüfbare Zielvorgaben sowie verbindliche Umsetzungsmassnahmen und Kontrollmechanismen zu schaffen. Länder wie die Niederlande oder Frankreich haben im Gegensatz dazu klar quantifizierbare Ziele in ihren Gesetzen festgelegt. Diese fordern die Naturfreunde auch von der Schweiz.
Angesichts der Bedeutung des Bausektors für den Ressourcen-Fussabdruck des Landes begrüssen die Naturfreunde Schweiz zudem, dass in der Vorlage eine Gesetzesgrundlage zur vermehrten Schliessung der Kreisläufe in diesem Bereich geschaffen wird. Auch hier sollte jedoch sichergestellt werden, dass der Bundesrat rasch Bestimmungen erlässt: die Kann-Formulierung soll durch eine Muss-Formulierung ersetzt werden. Die Naturfreunde Schweiz begrüssen zudem ausdrücklich, dass die Kantone aufgefordert werden, Grenzwerte für die graue Energie von Baumaterialien festzulegen. Diese komplementäre Bestimmung schafft einen technologieneutralen Rahmen für das ressourcenschonende Bauen.
Um die Wiederverwendung oder das Recycling von Bauelementen oder -Materialien zu fördern, darf die Deponierung keine wettbewerblichen Vorteile aufweisen. Die knappe Ressource «Deponieraum» muss deshalb vollständig eingepreist werden. Die Naturfreunde Schweiz fordern, die Vorlage in diesem Punkt zu überarbeiten, damit zu diesem Zweck ein System finanzieller Anreize geschaffen wird.
Die vollständige Stellungnahme der Naturfreunde Schweiz zur parlamentarischen Initiative «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken» finden Sie hier: