Wandern im Valle di Muggio
Was soll das – eine dreitägige Wanderung im südlichsten Tessin? Da ist es doch viel zu heiss! Und das Valle di Muggio, wo ist das denn überhaupt? Und «Muggio», das kommt sicher von Mücken! Die Naturfreund:innen der Sektion Gossau waren unter der Leitung von Guido Rutz im Tessin unterwegs.
Anreise | Mit dem Zug durch den Gotthardtunnel nach Lugano, weiter mit dem RE 80 bis Mendrisio |
Dauer gesamt | + 2699 Hm / – 2327 Hm / 36.55 km / 13:31 h |
Stichworte zur Region | Mendrisiotto: In der ersten Hälfte der 1990er-Jahre litt das Tessin und insbesondere das Mendrisiotto unter der weltweiten Wirtschaftskrise. In dieser Situation war der Grossversuch «VEL-1 Mendrisio» eine willkommene Konjunkturspritze. Zwischen 1994 und 2001 wurden 400 Elektrofahrzeuge an private Kund:innen verkauft und 80 Ladestationen aufgebaut. Deren Einsatz wurde über mehrere Jahre begleitet und erforscht. Der Einsatz von Elektrofahrzeugen wurde mit dem Grossversuch in Mendrisio nachgewiesen. Im Kanton Tessin folgte von 2001 bis 2004 das Projekt VEL2. Dieses zielte ebenfalls auf eine Sensibilisierung der Bevölkerung für energieeffiziente Fahrzeuge ab. Damit wird eine Senkung des Energieverbrauchs, respektive eine Reduktion der CO2-Emissionen, angestrebt. Das Folgeprojekt zum Grossversuch sollte die Brücke schlagen zu VEL3 (2005–2013), das einen selbsttragenden, neutralen Bonus-Malus vorsieht. Durch den Grossversuch schuf sich Mendrisio einen internationalen Namen als Kompetenzzentrum für Elektrofahrzeuge. |
Stichworte zur Wanderung | 3-Tages-Wanderung mit dem Höhepunkt auf dem Monte Generoso und Weitblick nach Italien sowie Ausblick zum Lago di Lugano und Lago di Como |
Trotz dieser vielen Bedenken starten wir das Unternehmen und die Bahn bringt uns durch den Gotthardtunnel nach Mendrisio. Raus aus dem Zug und zuerst in den Schatten für eine Erfrischung. Hier können wir erst einmal das südliche Ambiente geniessen und uns auf die bevorstehende 3-tägige Wanderung einstimmen.
Rasch finden wir durch die schmalen Gassen aus Mendrisio heraus und an Rebbergen vorbei geht es bald im kühlen Wald bergwärts, steil hinauf zur Alp Caviano. Mit dem Austritt aus dem Wald stehen wir vor den Alpenwiesen und wir stauen über die Aussicht auf die weite Lombardei. Vor uns steht das alte Alpgebäude, das zu einer wohnlichen Unterkunft umgebaut worden ist. Im Schatten der grossen Bäume laden Tische zur Rast ein und im Haus erwartet uns eine gut eingerichtete Küche, ein gemütlicher Aufenthaltsraum und vortreffliche Schlafgelegenheiten. Wir sind also für die erste Nacht gut aufgehoben.
Später sitzen wir am Tisch unter den Bäumen – die Sonne neigt sich zum Horizont und ein lauer Wind weht von Tal herauf. So können wir das Abendessen, die Aussicht und die Ruhe gleichzeitig geniessen. Was wollen wir mehr? Während die Sonne hinter dem Horizont verschwindet, beginnen im Tal die Lichter zu leuchten und zeigen uns, wie stark das Tal und die Lombardei überbaut sind und welche Hektik im Tal herrscht. Nur der Dunst über dem Tal begrenzt unseren Ausblick und unsere Gedanken kreisen bereits um den nächsten Tag, der uns auf den bekannten Monte Generoso bringen soll – und schon erfasst uns also wieder die Ausflugshektik.
Unterkunft | Capanna Caviano 6874, Castel S.Pietro Tel : +41 77 478 45 00 / info@caviano.ch |
Schwierigkeit | T2 |
Dauer | + 645 Hm / – 6 Hm / 5.06 km / 2:03 h |
Abkürzungsmöglichkeiten | Keine |
Einkehren | Nur in Mendrisio möglich |
Stichworte zur Wanderung | Start nach der langen Anreise durch Mendrisio, Rebberge und den Wald zur Unterkunft auf der Alp Caviano; Herrlicher Aussichtspunkt und gemütliche Unterkunft |
Der zweite Tag
Die Berge sind verhangen, doch der Ausblick ins Tal lässt uns die Schönheit dieses Ortes bereits frühmorgens wieder erahnen. Dem Bergrücken entlang, rechts unten das Valle di Muggio, geht es leicht steigend bis Dosso dell’ Ora – für eine Pause im Grotto Balduana ist es leider noch zu früh. So geht es nun auf den Gipfelgrat an der Bellavista vorbei zum Monte Generoso. Die Wolken verdecken leider die Aussicht auf den Lago di Lugano und die unzähligen Alpengipfel. So verlassen wir den höchsten Punkt der ganzen Tour und gehen entlang der Landesgrenze ostwärts hinab Richtung Scudellate und Erbonne in Italien. Unterwegs können wir nebst vielen Blumen auch noch Gottesanbeterinnen im Gras bewundern.
Nach der Einkehr in einem gemütlichen Restaurant folgen wir kurz der Fahrstrasse, bevor der Aufstieg auf den Passo Bonello folgt und der Landesgrenze entlang bald das Rifugio Prabello erreicht wird. Hier erwartet uns ein freundlicher Empfang, ein kühles Bier und eine herrliche Aussicht in die Region um den Lago di Como. Die Hüttenmannschaft verpflegt uns mit einem üppigen Nachtessen und lässt uns so die Anstrengungen des Tages vergessen. Nach den Wolken um den Monte Generoso herum haben wir heute eine abwechslungsreiche Wanderung genossen, die uns auch viele Einblicke ins Valle di Muggio beschert hat.
Unterkunft | Rifugio Prabello CAI Tel: +39 031 547 68 62 / info@prabello.it |
Schwierigkeit | T2 |
Dauer | + 1245 Hm / – 1000 Hm / 16.96 km / 6:16 h |
Abkürzungsmöglichkeiten | Ab Monte Generoso mit der Zahnradbahn ins Tal nach Capolago; Abstieg ins Valle di Muggio, etwa alle 2 Stunden Busverbindung nach Mendrisio |
Einkehren | Grotto Balduana / Bellavista / Monte Generoso / Erbonne |
Stichworte zur Region | Monte Generoso: Der Berg liegt am östlichen Ufer des Luganersees zwischen Lugano und Chiasso sowie am westlichen Ufer des Comersees. Die Grenze zwischen Italien und der Schweiz verläuft über den Ostgrat und den Nordgrat. Südflanke und Westflanke gehören zur Schweiz, die Nordostseite zu Italien. Der Monte Generoso ist ein Aussichtsberg, der bei klarem Wetter einen Überblick über den gesamten Alpenbogen von den Seealpen bis zum Piz Bernina ermöglicht. Bis kurz unter seinen Gipfel führt seit 1890 von Capolago aus die Zahnradbahn Ferrovia Monte Generoso (MG); Betriebszeit ist in den Sommermonaten von April bis Oktober. Generoso-Vetta, die Bergstation, liegt auf 1605 m ü. M. direkt an der Landesgrenze. Die Bahn ist die einzige «typisch schweizerische» Zahnradbahn südlich der Alpen. 1940 drohte mangels Geld die Einstellung des Bahnbetriebs. Der Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler setzte sich vehement für die Erhaltung der Zahnradbahn ein, wodurch die Migros die MG übernahm. Der Monte Generoso gehört geologisch zu den Südalpen und weist eine vielfältige Flora auf. |
Stichworte zur Wanderung | Zuerst langsamer Aufstieg zum höchsten Punkt der 3-Tages-Tour auf dem Monte Generoso; Aussicht über den Lago di Lugano auf den ganzen Alpenbogen; Steiler Abstieg nach Erbonne, Italien, und dann ein Stück weit der Fahrstrasse entlang, bevor der Aufstieg zum Rifugio Prabello folgt; Aussicht auf den Lago di Como |
Der dritte Tag
Frisch gestärkt geht es auf italienischem Boden am dritten Tag hoch über dem Lago di Como wieder südwärts weiter. Der Höhenweg führt uns am Monte di Binate und Monte San Bernardo vorbei durch Wälder und Wiesen zum Rifugio Bugone. Fast alleine sind wir unterwegs und können immer wieder den Ausblick auf den Lago di Como sowie die umliegende Bergwelt geniessen. Nun halten wir aber Rast unter den Bäumen bei diesem gemütlichen Rifugo. Noch steht uns der Aufstieg zum Monte Bisbino bevor.
Mit der alten Festungsanlage, der Kirche und dem kleinen Museum werden wir an die harten Zeiten in der Vergangenheit und während der Weltkriege erinnert. Nach einer Siesta an der Sonne im Festungshof folgt nun das letzte Teilstück dieser dreitägigen Wanderung. Dazu überqueren wir wieder die Landesgrenze und folgen dem Bergrücken südwärts. Nun breitet sich vor uns die Ebene der Lombardei aus. Durch einen steilen Bergwald gelangen wir hinunter zum Bergdorf Sagno.
Beim kühlen Bier können wir auf drei wunderschöne Wandertage zurückblicken und die Anfangsbedenken haben sich alle in Luft aufgelöst. Die Hitze im Tal ist einem kühlen Lüftchen an den Berghängen gewichen – der Thermik sei Dank – und Mücken haben sich auch nicht in diese Höhe verirrt. Das Wörterbuch übersetzt «Muggio» mit «unten», vermutlich ist damit die Lage des Tales am untersten Zipfel des Tessin gemeint. Gut, haben wir die Bedenken nicht ernst genommen und konnten so eine unbekannte Gegend kennenlernen. Nun bringt uns das Postauto noch nach Mendrisio zurück und dann vertrauen wir uns der Bahn in den Norden an – ciao Ticino.
Schwierigkeit | T2 |
Dauer | + 809 Hm / – 1321 Hm / 14.53 km / 5:12 h |
Abkürzungsmöglichkeiten | Abstieg ins Valle di Muggio, etwa alle 2 Stunden Busverbindung nach Mendrisio |
Einkehren | Rifugio Bugone / Monte Bisbino / Sagno |
Stichworte zur Region | Monte Bisbino: Der Monte Bisbino ist 1325 m hoch und umgibt die rechte Flanke des Muggiotals, das zu einem Teil der italienisch-schweizerischen Grenze folgt. Auf dem Gipfel dieses herrlichen Berges kann man neben der Wallfahrtskirche der Heiligen Jungfrau Maria (eine der heiligen Stätten des Marienkultes, der tief in der regionalen Tradition verwurzelt sind) noch die Ruinen von Schützengräben, Artillerieposten und Tunnels sehen, die während des Ersten Weltkriegs gebaut wurden. Beim Besuch des Piccolo Museo Storico del Bisbino (kleines historisches Museum des Bisbino) kann man die Geschichte des Ortes, die Zeiten des Schmuggels und die bäuerlichen Tätigkeiten während verschiedener Epochen kennenlernen. Von diesem Gipfel aus kann man auch ein faszinierendes Panorama von den Alpen bis zur Po-Ebene bewundern. Monte Bisbino, viele Jahrhunderte lang ein Durchgangsland, war bis zur italienischen Militärbesetzung, die 1916 während des Ersten Weltkriegs stattfand, nie im Mittelpunkt historisch dokumentierter wichtiger Tatsachen. Um den Gipfel zu befestigen, wurde eine Strasse gebaut, die teilweise die alten Saumpfade überlappte. Auf dem Gipfel wurden auf einer Länge von zwei Kilometern Befestigungen errichtet, die eine Grenzlinie bildeten, die bis zur Wallfahrtskirche (1325 m) aufstieg und Teil der Cadorna–Linie war. |
Stichworte zur Wanderung | Höhenwanderung mit dem höchsten Punkt auf dem Monte Bisbino in Italien; Grenzüberschreitung in die Schweiz auf dem Bergrücken, Abstieg nach Sagno; Rückfahrt mit dem Postauto nach Mendrisio |