Zwei Häuser und eine feste Grösse in der Romandie
Wenige Gehminuten vom Bahnhof entfernt hat die Naturfreunde-Sektion La Chaux-de-Fonds/St-Imier ihr Clublokal. Fünf Mitglieder, die die Sektion seit Jahrzehnten prägen, öffnen die Geschichtsbücher, erzählen, was gegenwärtig läuft in der Sektion und stellen Prognosen für deren Zukunft.

Am Sonntag, 4. August 1907, traf sich eine Delegation der Naturfreunde-Sektion Biel mit einigen Vertretenden der Ortsgruppe der SP La Chaux-de-Fonds und gründete die Naturfreunde-Sektion La Chaux-de-Fonds. Heute überraschend, damals nichts Aussergewöhnliches: Alle neun Gründungsmitglieder waren deutschsprachig. War damals, vor allem aufgrund zugezogener Arbeiter:innen, noch ein knappes Drittel der Stadtbevölkerung deutschsprachig, sind es heute nur noch gut 2 Prozent. «Einer der Mitgründer war Antoine Kobza, mein Grossvater», erzählt Pierre Kobza. Er ist der Chronist der Sektion und wird während seiner Ausführungen immer wieder von seinen anwesenden Kamerad:innen ergänzt. Antoine Kobza, geboren in Rumänien, war wie einige weitere der Gründungsmitglieder über Österreich in die Schweiz gekommen. Kobza war zwischen den 1910er- und den 1930er-Jahren in drei Phasen während insgesamt 14 Jahren Sektionspräsident. Die ersten Mitglieder kamen aus dem städtischen Arbeitermilieu. Von Anfang an bestand eine grosse Nähe zu den Gewerkschaften. Diese ging so weit, dass das Nichtmittragen eines Streikes durchaus zur Absetzung des Sektionspräsidenten führen konnte.
Man kann von Glück reden, sind die Quellen, die diese Geschichten beinhalten, überhaupt noch zugänglich. «Der Grossteil des Sektions-Archivs von vor 1950 ging bei einem Brand verloren. Fast alles, was wir noch haben, mussten wir bei ehemaligen Mitgliedern zusammensuchen», erzählt Pierre Kobza weiter. Die Sektion wuchs über die Jahrzehnte stark und hatte zu Spitzenzeiten in den 1980ern 700 Mitglieder und gehörte damit zu den allergrössten der Schweiz. Heute hat die Sektion noch knapp 350 Mitglieder und ist damit schweizweit trotzdem noch vorne mit dabei.
Um faire Preise besorgt
Sehr vieles bei der Sektion La Chaux-de-Fonds/St-Imier dreht sich um die beiden Häuser La Serment und Mont Soleil. Ersteres existiert, abgesehen von einigen Umbauten, seit 1935 gleich. Zweiteres kam 2005 im Zuge der Fusion mit der Sektion Saint-Imier in den Besitz der La Chaux-de-Fonniers. Wie zu erwarten, bedeutet die Bewirtschaftung zweier Häuser einen grossen Aufwand für die Sektion. Im Schnitt empfangen die beiden Häuser ungefähr gleich viele Gäste. Das La Serment ist zwar etwas grösser als das Mont Soleil, da es aber wegen der Schneeverhältnisse nicht das ganze Jahr über zugänglich ist, wird dieser Unterschied wieder ausgeglichen. Allgemein sei eine Tendenz festzustellen, dass immer weniger Naturfreunde-Mitglieder dafür mehr Externe die Häuser mieten, berichtet Pierre Yves Droz. Sehr oft sind Schulklassen in den Häusern oder Privatpersonen feiern Jubiläen. Auch den Naturfreunden nahestehende Organisationen quartieren sich immer mal wieder ein. Die beiden Häuser, wie übrigens auch die drei anderen, die den kantonal-neuenburgischen Sektionen gehören, sind auf Selbstversorger:innen ausgerichtet. Man bespricht sich innerhalb des Kantonalverbands regelmässig darüber, die Preise für die Gäste fair zu halten.
Der harte Kern der Sektion, welcher den Grossteil der Organisation der Häuser und Aktivitäten in der Hand hält, beläuft sich aktuell auf rund 30 Personen. Obwohl dies nach einer eher kleinen Zahl im Vergleich zur Gesamtzahl der Mitglieder klingt, sind an den Putztagen und den grossen Anlässen immer genügend Leute anwesend. Die Instandhaltung der Häuser ist nach wie vor stark von Freiwilligen abhängig, die die handwerklichen Arbeiten in Fronarbeit ausführen. Wichtig ist der Sektion auch, den Werten der Region und sich selbst treu zu bleiben. «Deshalb ist unsere Sektion für alle Leute offen und schreibt sich Solidarität und Integration auf die Fahne», ergänzt Josette Numakura.
Enge Freundschaft mit der Sektion Winterthur
Die Zusammenarbeit mit den anderen Sektionen im Kanton ist sehr eng. Dies war aber nicht immer so. Noch bis in die 1980er hinein hatten die Differenzen zwischen der Arbeiterstadt La Chaux-de-Fonds und dem bürgerlichen Neuenburg auch ihre Auswirkungen auf die Sektionen. Heute gibt es kein Sektionsprogramm für die Aktivitäten mehr, sondern nur noch ein KV-Programm. Dieses reicht von Putztagen in den Häusern bis hin zu unterschiedlichsten ein- und mehrtägigen Wanderausflügen. Meist in der Region, immer wieder mal auch weiter weg. Alle vier Sektionen haben Häuser, so können sich die vier Sektionen auch in diesem Bereich unterstützen. Andere Bezugspunkte sind die grenznahen Sektionen in Frankreich und seit Mitte der 1990er-Jahre pflegt die Sektion La Chaux-de-Fonds/St-Imier eine enge Freundschaft mit der Sektion Winterthur. Man trifft sich immer wieder zu gemeinsamen Wanderungen. Die Sektionen fanden zueinander, weil sie sich innerhalb des eigenen Kantons als Arbeiterstadt im Schatten des bürgerlichen Hauptortes verstanden.
Die beiden Häuser sind der Motor des Sektionslebens. Die Sektion hat eine stabile Anzahl Mitglieder – nach jüngeren Mitgliedern wird eifrig gesucht – und befindet sich auch finanziell in einer guten Situation. Dies ist auch wichtig, da bald grössere Investitionen in den beiden Häusern anstehen: Eine neue Sicherheitsanlage und Heizung im Mont-Soleil sowie die Installation einer Wärmepumpe im La Serment. Pierre Kobza schliesst mit den hoffnungsfrohen Worten: «Auch wenn Mitglieder aus familiären oder arbeitstechnischen Gründen wegziehen, sie kehren immer wieder ins La Serment zurück. Sie haben Freude und bringen die ganze Familie mit, das stimmt uns hoffnungsvoll.»