Die vergessene Leitressource
Der Wald dient allen – für Ruhe, Erholung, Wandern, Jagd, Spiel, Sport, Lernort. Wer aber dient dem Wald? Seine fundamentalste Eigenschaft haben wir nie wahrgenommen, jedenfalls […]
Der Wald dient allen – für Ruhe, Erholung, Wandern, Jagd, Spiel, Sport, Lernort. Wer aber dient dem Wald? Seine fundamentalste Eigenschaft haben wir nie wahrgenommen, jedenfalls nicht als Lehre: Seit es uns gibt und bis 1750 war er unsere einzige und entscheidende Leitressource. Kein Speer, kein Bogen, keine Axt, weder Hütte noch Feuer, Boot und Brücke ohne Wald, Baum und Holz. Der Wald lieferte Kleidung, Nahrung, Medizin und das Rad revolutionierte das gesamte Transportwesen, die Landwirtschaft, unfreundlicherweise auch Krieg und Eroberung. Der Gewinn war Nahrungssicherheit, die Kehrseite Bevölkerungsexplosion und Seuchen.
Ohne den Wald ging buchstäblich nichts. Und die Erde lief über von Wald. Scheinen aber Ressourcen im Überfluss vorhanden, ist es ihr Unglück – wir werden hemmungslos. Als im Wald nun auch die Köhlereien entstanden, die Erz-, die Teer-, die Glashütten, dazu die landwirtschaftliche Rodung, der Flottenbau, die Wald-Viehweide und die am Boden liegende Biomasse für den Hof- und Hausgebrauch aus dem Wald verschwand, war die Waldmalerei des 16. Jahrhunderts nur noch schöner Schein.
Schon im 4. Jahrhundert v. C. hatten die Denker Griechenlands geklagt, ihr Land sei «skelettiert». Im 18. Jahrhundert n. C. gab es fast keinen Hochwald mehr. Europas Wälder, wie jene am Ofenpass, verschwanden in den Feuern der ersten Petrochemie. Man erwachte, man warf die Hände zum Himmel und die Forstwissenschaft entstand. Doch hätten wir nicht 1750 die Kohle und 1850 das Erdöl entdeckt, gäbe es die Leitressource Wald auch nicht mehr. Was wäre wenn? Nun ja, wir stehen gerade vor ganz ähnlichen Zusammenhängen.
Als 1980 das Waldsterben die Welt umtrieb, erfand ausgerechnet ein Schweizer den Kleber «Mein Auto fährt auch ohne Wald». Die Ironie will es, dass sowohl Kohle wie Erdöl aus versunkenen Wäldern und Pflanzenresten bestehen. Aufpassen in der Schule und später fleissig Lesen schützt durchaus vor Dummheiten.