Mystische Wandernacht um Winterthur
In der Nacht unterwegs zu sein, hat seinen Reiz: statt der Fernsicht sind es die Töne der Nähe, die Beachtung findet. Geräusche vom Fluss und den […]
In der Nacht unterwegs zu sein, hat seinen Reiz: statt der Fernsicht sind es die Töne der Nähe, die Beachtung findet. Geräusche vom Fluss und den Tieren im Wildpark. Die Naturfreunde Senioren Zürich nahmen bereits zum wiederholten Mal mit einer eigenen Aktivität an der Wandernacht teil.
«Ich wollte einmal etwas Besonderes erleben», antwortete eine Teilnehmerin auf die Frage, warum sie sich in der Wandernacht der Schweizer Wanderwege den Naturfreunden angeschlossen hat. Und das wurde geboten: Von der Natur und den Leitenden. Ungewohnt spät, erst nach dem Abendessen, trafen sich die knapp zwanzig Personen und reisten gemeinsam auf eine Anhöhe ausserhalb von Winterthur.
Jeweils an dem Juliwochenende, das dem Vollmond am nächsten ist, veranstalten die Schweizer Wanderwege die Wandernacht. Ein Glück für die Wandergruppe war, dass Sonnenuntergang und Mondaufgang zeitlich so nahe zusammenfielen, dass sie von einem Punkt aus beobachtbar waren.
Und so begann der Tippel durch die in der letzten Ausgabe des «Naturfreund» gelobte Dunkelheit. Hinunter zur rauschenden Töss, von wo aus bereits die Schattenrisse der Kyburg erkennbar waren. Viele Teilnehmer:innen und machten ein Handy-Foto, bevor sie später im Kerzenschein ungeheuerlichen Geschichten über diese Fluchtburg lauschten. Am Flussufer auf dem Kyburg-Kunstweg ist im Rahmen der 600-Jahrfeier der Burg ein Bild des Malers Johann Jakob Biedermann aufgestellt, das auf eine Metalltafel reproduziert wurde und eine der sieben (Tages-)Perspektiven auf die Kyburg zeigt und damit Lust macht, den Weg bei Tag zu begehen.
Trotz der Stadtnähe ist unten im Tal wie auf der Höhe des Eschenbergs, auf dem eine Sternwarte steht, die Lichtverschmutzung gering. Damit verlangen der Trampelpfad und die Stufen erhöhte Aufmerksamkeit beim Gehen. Dafür ist der Blick durch mangelnde Fernsicht wenig abgelenkt, konzentriert man sich doch auf die Nähe und das Gehörte. Nach einem schnellen Café im Wildpark-Restaurant Bruderhaus wollten wir Tieren wie Luchs, Wisent, Wolf, Wildschweine und Hirsche in der Nacht zuhören, wenn sie nicht zu sehen waren. Doch in dieser Nacht schienen sie zu schlafen.
Nicht so die Wandergruppe, die bald auf ehemalige Pfadfinder:innen traf, die ihnen ein Feuer für die mitgebrachte Wurst oder das vorbereitete Schlangenbrot entzündet hatten. Der «Mittagsrast», in das ein Tierspuren-Rätsel eingeflochten wurde.
Das Plateau über der Thur bis zu einer Geländenase, um die die Thur fliesst, ist eben. Örtlich und zeitlich ideal, um seinen Gedanken nachzuhängen oder sich in Kleingruppen auszutauschen.
Die Wolkendecke verhinderte zum Abschluss der durch die ganze Nacht führendenden Tour, auf einem alten Stahlfachwerkturm über den Baumwipfeln den Sonnenaufgang zu betrachten. Trotzdem: «dure mache» in der Natur hat sich gelohnt – wie damals in den wilden Jahren in der Disco – bevor am Rand von Winterthur einer der ersten Stadtbusse die Teilnehmenden retour in den beginnenden Sonntag nahm. Und klar war ebenso: das machen wir wieder mal.
13.06 km, 3:22 h, 268 m Aufstieg und 352 m Abstieg. Eine ideale Route für eine erlebnisreiche Vollmondnacht im Juli.