Vereint mit der Zeit gehen
Ohne Vereine geht es nicht, da Menschen sich für eine Sache engagieren wollen. Doch weil die Menschen sich verändern, müssen sich auch Vereine ein Stück weit dem Zeitgeist anpassen. Wie das gehen kann, weiss die Fachstelle für Vereine vitamin b.
Je höher die Vereinsdichte in einer Gemeinde, desto grösser das Vertrauen der dort lebenden Menschen untereinander, desto mehr Wirtschaftswachstum und weniger Vandalismus gibt es an diesem Ort. Das ist nur eine von vielen spannenden Erkenntnissen, die die Studie «Die neuen Freiwilligen – die Zukunft der zivilgesellschaftlichen Partizipation» des Gottlieb Duttweiler Instituts 2018 zutage gebracht hat. Ohne die Zivilgesellschaft, also ohne die Menschen, die sich gemeinnützig und freiwillig engagieren, funktioniert ein Staat nicht. Auch in der Schweiz gehört die Freiwilligenarbeit zur DNA des Landes und seiner Bevölkerung.
Die Art, der Fokus und das Ausmass von freiwilligem Engagement sind jedoch stets im Wandel. In den vergangenen Jahrzehnten hat namentlich der Megatrend der Individualisierung dazu beigetragen, dass sich die Art und Weise, wie Menschen sich freiwillig engagieren, verändert hat. Statt langfristig setzen sich heute viele Menschen punktuell und an verschiedenen Orten für eine bestimmte Sache ein – so wie es gerade zu ihren Interessen und ihrer Lebenssituation passt. Die «neuen Freiwilligen» wollen eingebunden werden und mitgestalten können. Sie wollen einen Unterschied machen können, d. h., sie wollen nicht nur über Ziele, sondern auch über den Weg, wie ein Ziel erreicht werden soll, mitentscheiden können. Und sie engagieren sich nicht deshalb, weil sie nichts anderes zu tun haben, sondern weil sie erfahren haben, dass es ein bestimmtes Projekt oder einen bestimmten Verein gibt, in dessen Rahmen gewisse Ziele verfolgt werden. Sichtbarkeit auf verschiedenen (digitalen) Kanälen ist demnach entscheidend, wenn neue Mitglieder gesucht werden. Das Bedürfnis, sich ehrenamtlich zu engagieren, hat hingegen nicht abgenommen, denn es entspringt auch aus dem – zeitlosen – Wunsch nach Zugehörigkeit.
Vereine, die unter diesen geänderten Vorzeichen weiter bestehen wollen, müssen sich ihnen ein Stück weit anpassen, wenn sie neue Mitglieder möchten. Gerade für Verbände, die seit langem bestehen, können das auch strukturelle Anpassungen bedeuten. Die Fachstelle für Vereine vitamin B hat eine Reihe von Tipps zusammengestellt, wie Vereine sich für die «neuen Freiwilligen» attraktiv machen können, die wir hier zusammenfassen.
Strukturen flexibel denken
Punkto Strukturen in einem Verein gibt das Gesetz wenig vor: Die Vereinsversammlung ist das höchste Organ und der Verein braucht einen Vorstand. Der Rest ist gesetzlich nicht vorgegeben, sondern kann vom Verein gemäss seinen Bedürfnissen geregelt werden. Wichtig ist einfach, die Statuen zu konsultieren und notfalls anzupassen.
Ein Co-Präsidium, ein rotierendes Präsidium oder auch Vereine ohne Präsidium sind rechtlich möglich, sofern die Statuten dies so regeln. Möglich sind auch zeitlich befristete Ämter.
Die Anzahl Vorstandsmitglieder ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Kleine Vorstände können schnell entscheiden und flexibel agieren. Manche Vereine haben traditionell viele Vorstände. Vakanzen können zu einer Verkleinerung des Vorstands führen – falls die Arbeiten verteilt werden können, auch ausserhalb des Vorstands.
Zusammenarbeit verbessern
Die Mitarbeit im Vorstand muss Freude bereiten. Machen Sie kürzere Sitzungen, probieren Sie neue Meeting-Formate, Online-Sitzungen, digitale Zusammenarbeitsformen aus.
Mitglieder und Umfeld einbeziehen
Teilen Sie Aufgaben in überschaubare Häppchen auf, kreieren Sie ein «Buffet» mit unterschiedlichen Aufgaben, Einsätzen und Engagement-Möglichkeiten, aus welchen Interessierte wählen können.
Machen Sie nicht alles selber, entwickeln Sie gemeinsam Lösungen; bieten Sie dafür Vertrauen, Einführung und Unterstützung.
Der Vorstand muss nicht Antworten auf alle Fragen haben. Nutzen Sie Erfahrung, Knowhow und Innovationskraft Ihrer Mitglieder.
Fragen Sie Personen für kurzfristige Einsätze an, statt direkt für Ämter. So können sie Vereinsluft schnuppern und später auch für grössere Engagements angesprochen werden.
In vielen Vereinen steht das Angebot nur den Vereinsmitgliedern zur Verfügung. Gleichzeitig wird ein Mitgliederschwund beklagt. Binden Sie das Umfeld ein, kooperieren Sie mit anderen Vereinen oder bieten Sie auch temporäre Angebotsnutzung.
Mehr Tipps, Beratung und Antworten auf alle Fragen, die Vereine beschäftigen, gibt es unter vitaminb.ch
Quelle: B Dur Nr. 47 (Fachblatt vitamin b): Was macht den Verein attraktiv?