Weniger Daten, weniger Strom
130 Kilogramm CO2 verursacht eine durchschnittliche Flugstunde pro reisende Person. Eine Stunde Videos streamen hingegen produziert im Schnitt nur 30 bis 150 Gramm CO2 – also […]
130 Kilogramm CO2 verursacht eine durchschnittliche Flugstunde pro reisende Person. Eine Stunde Videos streamen hingegen produziert im Schnitt nur 30 bis 150 Gramm CO2 – also 4000-mal weniger. Weshalb lohnt es sich nun trotzdem, seinen persönlichen Fussabdruck der Internet-Nutzung genauer unter die Lupe zu nehmen? Erstens wegen des enormen Wachstums des weltweiten Datenverkehrs um 23 Prozent jährlich – bei gleichzeitiger Effizienzgewinnen von nur 15 Prozent – und vor allem wegen des sogenannten Rebound-Effekts, der das Auseinanderklaffen dieser beiden Kurven erklärt.
«Der Rebound-Effekt», so Wissenschafts-Journalist Mathias Plüss 2019 im Magazin «erklärt zunächst, warum der Gesamtenergieverbrauch ständig steigt, obwohl doch die einzelnen Geräte immer effizienter werden. Krasses Beispiel: Vor vierzig Jahren verbrauchte eine einzelne Rechenoperation mit dem Computer eine Million Mal mehr Energie als heute. Trotzdem verdoppelt sich der Energieverbrauch der Informatik-Infrastruktur etwa alle fünf Jahre. Weil Rechenoperationen so billig, so bequem, so nützlich geworden sind, dass ihre Zahl explodiert ist. Es handelt sich um eine Rückkopplung: Der Effizienzgewinn ermöglicht Verschwendung, die den Gewinn dann teilweise oder ganz zunichtemacht.»
Dieses Phänomen findet sich leider nicht nur bei der Internet-Nutzung, sondern fast bei allen persönlichen Bemühungen um umweltfreundliches Verhalten. «So lassen etwa die Leute typischerweise das Licht länger brennen, wenn sie Sparlampen eingesetzt haben – eine Betriebsstunde ist ja jetzt billiger. Es geht auch indirekt: Mit dem Geld, das ich bei den Lampen spare, kaufe ich mir einen grösseren Fernseher. Und schon ist der Gewinn für die Umwelt wieder futsch», so Plüss. Ermöglicht wird der Rebound-Effekt laut dem Autor durch eine Art moralisches Konto, das die Menschen in sich tragen, und das ihnen für jede gute Tat eine Sünde erlaubt.
Wer also tatsächlich persönlich etwas für die Umwelt tun möchte, sollte aufmerksam darauf achten, dass Einsparungen am einen Ort nicht durch mehr Verbrauch an einem anderen ruiniert werden.
Doch was kann man denn nun konkret tun, wenn man sein Online-Verhalten ökologisch optimieren will? Jede verschickte Mail von der Grösse eines Megabytes setzt zehn Gramm CO2 frei, zehn Mails pro Tag entsprechen übers ganze Jahr dem CO2-Ausstoss von 200 gefahrenen Autokilometern. Mails also nur verschicken, wenn es wirklich notwendig ist und vor allem nur das verschicken, was nötig ist: Links statt grosser Dateien, «Allen antworten» sparsam verwenden und die vorangegangene Korrespondenz in den Mails (Schlangenmails) löschen.
Auch die alten elektronischen Nachrichten in den Postfächern und überflüssige Daten auf der Festplatte sollten regelmässig gelöscht werden, weil sie die Rechenzeit verlängern. Und wer denkt, dass die Daten in der Cloud im siebten ökologischen Himmel sind und dort kein CO2 verursachen, täuscht sich. Auch diese Daten benötigen Rechenleistungen. Die Foto- oder Filmsammlung ist deshalb auf einer externen Festplatte oder einem USB-Stick besser aufgehoben. Ausserdem gilt: Downloaden statt streamen und WLAN oder Kabel statt mobil, Geräte (je kleiner, desto besser) so lange wie möglich nutzen und Finger weg von Bitcoins!