Dem Himmel so nah
Von allen Naturfreunde-Sektionen die am östlichsten beheimatete ist die Sektion Engadin. Sie hat sich mit dem Haus Cristolais und seiner Umgebung ein Paradies geschaffen, dem alle verfallen, die einen Fuss hineinsetzen.
Beim Naturfreundehaus Cristolais im Oberengadin sagen sich nicht nur Fuchs und Hase gute Nacht, sondern auch Murmeltiere, Marder und Wölfe. Und am Morgen grüssen Bartgeier und Adler aus der Luft – kurz, es ist ein kleines Naturparadies, das die Naturfreunde-Sektion Engadin oberhalb von Samedan ihr Eigen nennen kann. Vor dem Haus ausgebreitet liegt ein Naturschutzgebiet, in dem Feuerlilien, Orchideen und viele weitere geschützte Pflanzen wachsen. Und vom Aussichtsbänkli aus hat man eine fantastische Aussicht über fast das halbe Oberengadin. «Es ist unser Paradies», fasst Raphaël Putscher, Hüttenwart und ehemaliger Sektionspräsident, das Glück zusammen, das die Sektion mit dem Besitz auf Cristolais hat.
Dabei hätte sich das grosse Glück 1978 um ein Haar in Rauch aufgelöst. Genau genommen hat es das tatsächlich getan. Damals brannte das vormalige Naturfreundehaus Cristolais bis auf die Grundmauern nieder. Doch dann standen Wiener Naturfreunde, die damals Stammgäste im Haus waren, der Sektion Engadin in gut naturfreundschaftlicher Manier in der Not bei und organisierten eine grosse Spendenaktion. Dabei kam genügend Geld zusammen, um das Haus wieder aufzubauen und bereits im Winter 1979/1980 konnte die neue Hütte den Betrieb wieder aufnehmen. Das Glück war zurückgekehrt.
Weil das Haus Cristolais mit seinen insgesamt dreissig Betten nicht nur sehr schön, sondern auch sehr gut gelegen ist, nämlich am Rande eines Skigebiets, ist die Nachfrage nach Vermietungen gross. Viele von den Mieter:innen kommen über das Haus mit den Naturfreunden in Kontakt und manche von ihnen werden dann auch Mitglieder im Verein. Deshalb kann sich die Sektion Engadin über konstant leicht wachsende Mitgliederzahlen freuen. Wer im «Cristolais» Ferien verbringen will, muss bereit sein, das Gepäck von Samedan oder Celerina aus den Berg hinauf zu buckeln. Bewilligungen für eine Autofahrt zum Haus gibt es nur in Ausnahmefällen. Und geputzt wird das Haus am Ende des Aufenthalts von den Gästen selbst.
Der grösste Teil der Mitglieder stammt aus dem Dorf Samedan, gelegen im Tal zu Fussen des «Cristolais». Alle Mitglieder können jederzeit ins und ums Haus – sofern es nicht gerade vermietet ist. Diese Möglichkeit schätzen die Engadiner Naturfreund:innen sehr und nutzen sie regelmässig.
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen
Einmal jährlich im Sommer organisiert die Sektion ein Vereinsessen. Dann wird grilliert, was das Zeug hält und danach noch lange gemütlich beieinandergesessen. Im Frühling treffen sich die Mitglieder für den Frühlingsputz im Haus, im Herbst für den Herbstausflug in der näheren oder weiteren Umgebung und im August gibt es jeweils einen Familientag. Wenn im Haus etwas kaputt ist oder draussen etwas erneuert werden muss, sind es stets die Mitglieder, die in Fronarbeit Hand anlegen. Gearbeitet wird aber immer nur den halben Tag lang, die zweite Hälfte gehört stets der Geselligkeit.
Kürzlich hat die Sektion beispielsweise eine neue Grillstelle gebaut, auf dem Vorplatz des Hauses Steine verlegt und drinnen zwei zusätzliche Duschen eingebaut. Für das warme Wasser im Haus sorgt eine Solaranlage, geheizt wird nach wie vor mit Holz.
Raphaël Putscher sorgt als Hüttenwart zusammen mit Hüttenobmann Reto Felix mit grosser Umsicht und viel Herzblut für das «Cristolais» und dessen Umgebung. Es ist den beiden ein Anliegen, dass das Haus und der Betrieb einfach und praktisch bleiben: Naturfreunde like, halt. So bezahlen die Gäste ihren Aufenthalt in der Regel bar. Dafür hängt im Essraum ein Säckchen, in dem sie das Geld deponieren können. So müsse man nie lange auf das Geld warten, wie etwa bei einer Überweisung, und das sei gut für die Kasse, so Putscher.
Ein Glücksgriff für die Kasse der Sektion Engadin ist auch Kassier Gerhard Meister, der seit 2007 Mitglied ist. Er hat die Buchhaltung der Sektion digitalisiert und professionalisiert. Und er weiss immer, wo er anfragen muss, wenn die Sektion einen Unterstützungsbeitrag für Renovationsarbeiten am Haus oder ähnliches braucht. «Sport Toto, Stiftungen, Banken oder wer auch immer. Ich bin gut vernetzt und habe auch in der Gemeinde gute Kontakte. Für die Sektion ist ein gutes Einvernehmen mit der Gemeinde wichtig. Wir stellen für die Bevölkerung ein Angebot bereit, dafür brauchen wir dann auch mal das Entgegenkommen von den Gemeinden Samedan und/oder Celerina. Schliesslich ist es ein Geben und Nehmen», so Gerhard Meister.
Alle Infos über die Sektion Engadin finden sich hier: cristolais.ch